Nachruf: Hermann Kronemeyer
- celinakeute
- 14. Jan.
- 2 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 17. Feb.
1927–2025.
»Eine Ära ist zu Ende« und »Mit ihm ist ein enormer Wissensschatz verloren gegangen«. Das sind nur zwei Sätze, die ich vor Kurzem gehört habe. Am 4. Januar ist mein Urgroßvater Hermann Kronemeyer im Alter von 97 Jahren gestorben.
In seinem langen Leben hat er Schwieriges durchstanden: Fronteinsatz in den Niederlanden, Kriegsgefangenschaft in Belgien, Hungersnot in der Nachkriegszeit. Und dennoch war er die positivste und optimistischste Person, die ich je kennengelernt habe.
Ich habe ihm viel zu verdanken, denn er hat mir das größte Geschenk gemacht, das er mir machen konnte: Er hat mir von seinen Kriegserlebnissen erzählt – offen und ehrlich. Gerade vor dem Hintergrund, dass viele Zeitzeugen nie über das Erlebte gesprochen haben, war das alles andere als selbstverständlich. Über mehrere Jahre habe ich ihn regelmäßig interviewt, viel Zeit mit ihm verbracht und seine Erzählungen im Buch »Schüsse in der Stille« verarbeitet. Dadurch, dass ich seine Geschichte erzählen durfte, hat er meinen Werdegang als Autorin maßgeblich geprägt. Ohne ihn wäre ich jetzt nicht dort, wo ich bin.
Was ich am bemerkenswertesten finde und ihm hoch anrechne, ist die Tatsache, dass er seine Gegner während des Krieges nicht als Feinde angesehen hat, sondern immer noch den Menschen im Gegenüber gesehen hat und aufgeschlossen, respektvoll und kontaktfreudig auf andere Nationalitäten zugegangen ist.
Sein ganzes Leben hat er sich nach dem Zweiten Weltkrieg dafür eingesetzt, die Erinnerung aufrechtzuerhalten; nie war er es leid, darüber zu sprechen. Er war international gefragt und hat zu diesem Thema mit Menschen aus zahlreichen Ländern zusammengearbeitet. Damit hat er viel zur Wiederversöhnung und zur Erinnerungsarbeit beigetragen. Ich werde seine Bemühungen fortführen, wenn auch ohne ihn an meiner Seite.
Danke für alles!

Bildnachweise: Westdörp, Steffen Burkert, Barbara Keute