Ypern – ein Resümee
- celinakeute
- 5. Mai
- 2 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 21. Mai
Von »Dear British« zu »Flanders remembering« – tschüss, Ypern!
Nachdem ich ein Dreivierteljahr in Ypern verbracht habe, ist die Zeit gekommen, mich zu verabschieden und ein Fazit meines Aufenthalts zu ziehen. Letzten August kam ich mit einem konkreten Ziel hierher: Ich wollte genauer verstehen, weshalb so viele Engländer die Stadt besuchen, um zu gedenken – im Gegensatz zu einer weitaus geringeren Zahl an Deutschen –, und sie interviewen, um mehr über die Unterschiede in den Erinnerungskulturen herauszufinden. Doch als ich den Ort besser kennenlernte, wurde mir bewusst, dass Ypern viel mehr mit sich bringt als zahlreiche britische Touristen: Menschen aus aller Welt besuchen die Stadt, einige von ihnen kommen seit Jahrzehnten jedes Jahr zurück – sogar aus Kanada oder Australien. Ypern ist ein Ort, wo die Erinnerung an den Ersten Weltkrieg aktiv aufrechterhalten wird, wo man überall Relikte und Bezüge zu dieser Zeit entdecken kann.
Anstatt mich hauptsächlich auf die Briten zu fokussieren, um Hintergrundinformationen für mein nächstes Buch zu sammeln, begann ich, mein Forschungsfeld zu erweitern. Ich untersuchte, wie die verschiedenen Nationalitäten auf unterschiedliche Weise gedenken und inwiefern der Krieg ihr Land geprägt hat. Weiterhin wollte ich mehr darüber erfahren, wie Ypern, Flandern und Belgien mit dem Erbe des Ersten Weltkriegs umgehen.
Insgesamt führte ich 25 ausführliche Interviews und sprach mit vielen weiteren Menschen zu anderen Anlässen. Unter anderem interviewte ich Menschen von Institutionen wie dem »In Flanders Fields Museum«, der Commonwealth War Graves Commission, der Last Post Association, dem belgischen Kampfmittelräumdienst DOVO, dem »Hooge Crater Museum«, dem Talbot House, Toerisme Ieper und Westtoer. In dem Zuge habe ich so viel Material gesammelt, dass ich mich entschlossen habe, es nicht nur als Hintergrundinformation für mein zweites Buch zu nutzen, sondern ein drittes Buch speziell über das Thema der internationalen Erinnerungskulturen zu schreiben. Die Recherchen hierfür sind jedoch noch nicht abgeschlossen.
Während meiner Zeit in Ypern habe ich viel gelernt, Sehenswürdigkeiten besucht, zahlreiche Menschen kennengelernt und neue Freunde gefunden. Die Stadt ist ein besonderer Ort, offiziell trägt sie den Titel »Friedensstadt«, und trotz (oder gerade aufgrund) der Präsenz des Ersten Weltkriegs im Hintergrund ist der Frieden, bei dem es sich eigentlich um ein abstraktes, schwer zu greifendes Konzept handelt, hier in hohem Maße spürbar.
Auch die Wiederversöhnung ist ein Aspekt, auf den Ypern Wert legt. Zum Beispiel gibt es vor dem »Hooge Crater Museum« eine Reihe an Flaggen, darunter eine deutsche. Dies erfordert nur einen geringen Aufwand, hat jedoch eine immense Wirkung und sagt viel über die Atmosphäre dieser Stadt aus.
Ich habe den Eindruck, dass Ypern ein Ort ist, an den Menschen immer wieder zurückkehren, und dass er für Personen, die zu diesem Thema arbeiten, ideal ist, um hier zu leben und von hier aus zu wirken.
Nach dem ersten Teil meiner Lesereise im Mai und einem Monat in der Normandie werde ich im Juli nach Ypern zurückkehren, um zweieinhalb weitere Monate hier zu verbringen.
Danke an all die Menschen, die ich während meiner Zeit in Ypern kennenlernen durfte, die mir geholfen und mich bei meiner Recherche unterstützt haben und die immer so freundlich, offen und willkommen heißend waren.
